So Gott will, feiert Klaus Hänßgen am 6. April seinen 66. Geburtstag. Das heißt übersetzt: Gründonnerstag ist der letzte Arbeitstag des Informatikprofessors. Nach 17 Jahren an der HTWK Leipzig kombiniert er seine Verabschiedung mit dem Workshop „International Education in Applied Mathematics and Informatics for HighTech Applications“ (EMIT).
„Typisch!“, meint Kollege Prof. Thomas Kudraß: „So kann er mit zahlreichen ausländischen Weggefährten feiern.“ Insbesondere Kontakte in die Ukraine und nach Russland hat Hänßgen geknüpft, er gilt quasi als der Osteuropa-Netzwerker der Fakultät Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften (IMN).
Der Pensionär in spe fand über die Hochenergiephysik zur Informatik, spezialisierte sich zunächst auf Rechnernetze (Uni Leipzig). Zur Jahrtausendwende wechselte er an die HTWK Leipzig: Informationssysteme/Multimedia-Technologie. Als einer der ersten Medieninformatik-Professoren baute Hänßgen einschlägige Studiengänge mit auf. „Sein fachlicher Schwerpunkt Hochgeschwindigkeitsnetze ist eine Schlüsseltechnologie zur Entwicklung moderner netzbasierter Lehr- und Lernformen wie E-Learning oder Distance Learning“, sagt Kudraß.
Vernetzung: „Beispiellose Erfolgsserie“
Durch sein Geschick im Einwerben von Projektmitteln habe Hänßgen die Fakultät in einer beispiellosen Erfolgsserie mit ausländischen Partnerhochschulen vernetzt. Bilanz: rund 45 Projekte, mehr als 8 Millionen Euro Fördergelder, mit Partnern aus mehr als 30 Ländern.
Warum sein langer Titel mittendrin „h.c. mult.“ enthält? Nun, Klaus Hänßgen ist gleich zweifacher Honorarprofessor – seit 2012 in der Ukraine an der der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie, und seit 2015 in Russland an der Orenburger Staatlichen Universität. Aufgrund seiner Verdienste beim Technologie-Transfer. Große Ehre: 2017 wurde Hänßgen als gewähltes Korrespondierendes Mitglied in die „International Academy of Ecology, Man and Nature Protection Sciences (IAEMNPS)“ aufgenommen.
Daheim hatte der scheidende Professor pragmatisch die Zukunft seiner Studierenden im Fokus. So konnten einige „seiner“ Absolventen zu Unternehmensgründern reifen, etwa im Bereich Live-Rundumvideos. Neben 140 Graduierungsarbeiten betreute er acht Dissertationen mit. Themen, die aktuell in aller Munde sind (Digitalisierung an Schulen etc.), hatte Hänßgen schon vor Jahren im Blick, mehrfach präsentierte er HTWK-Projekte auf der Computermesse CeBIT.
Thomas Kudraß schätzt den Gerade-Noch-Kollegen übrigens auch aus kulinarischen Gründen: „Zu den wöchentlichen IMN-Kaffeerunden kam er nach bewilligten Anträgen immer mit Sekt und Pralinen. Also eben sehr oft!“ Häufig habe er zu besagten Runden seine internationalen Partner gleich mitgebracht. Und seine eigenen Kollegen zu spontanen Vorträgen „verpflichtet“, wenn wieder mal eine Delegation zu Besuch war. Andersherum lief die Sache auch: Sieben IMN-Kollegen nahm Hänßgen 2009 nach Kiew mit. Kudraß: „Allein schon durch die ukrainische Gastfreundschaft – eine unvergessene Dienstreise.“
Hänßgens Organisationstalent bestehe darin, all seine Aktivitäten mit den üblichen Lehrverpflichtungen zusammenzubringen. Und mit Ad-hoc-Troubleshooting: Mal waren Visum-Probleme zu lösen, mal mussten verspätete Zuarbeiten von Projektpartnern in letzter Minute durchgepeitscht werden.
„Er hat die HTWK ein Stück weit weltoffener gemacht, und das zu einer Zeit, als dieser Begriff noch nicht so gebräuchlich war“, schreibt Thomas Kudraß ihm kurz vorm Ruhestand ins Stammbuch. Hänßgen habe das Leitbildmotiv der „Vernetzten Hochschule“ mit seiner akademischen Arbeit besonders verkörpert, den guten Ruf der HTWK Leipzig in vielen Ländern gesteigert und vor allem in Osteuropa zur Völkerverständigung beigetragen.
Das sagen die Kollegen:
Prof. Klaus Hering, Dekan der Fakultät IMN
Lieber Klaus,
über viele Jahre hast Du mit hohem Engagement durch erfolgreiche Lehr- und Forschungsprojekte ein internationales Netzwerk aufgebaut. Dieses ist außergewöhnlich hinsichtlich seiner geografischen Breite und seiner thematischen Vielfalt. Es liegt nun an uns, dieses enorme Potential für die Hochschule fruchtbar weiter zu entwickeln: Kollegen aus mehreren Fakultäten werden eine Reihe Deiner Projekte in die Zukunft führen. Herzlichen Dank und Dir persönlich alles Gute!
Klaus Hering
Prof. Klaus Bastian, Fakultät IMN
Prof. Hänßgen ist ein umtriebiger Multiplikator. Seine Netzwerk-Projekte und von ihm initiierte Unternehmensgründungen hat er regelmäßig auf der CeBIT präsentiert. Der Gemeinschaftstand der mitteldeutschen Hochschulen „Forschung für die Zukunft“ war das Tor zu einer Vielzahl von netzweiten Lern-Kooperationen und Exist-Unternehmen.
Prof. Volodymyr Boublik, Kyiv-Mohyla Akademie
Prof. Klaus Hänßgen habe ich kennengelernt, als er noch an der Universität Leipzig tätig war. Für ein Projekt war ich mit einer Gruppe von ukrainischen Professoren in Leipzig. Unser erstes Gespräch mit Klaus ließ auf viele gemeinsame Themen schließen. Während meines zweiten Besuchs war Klaus schon Professor an der HTWK Leipzig. Wir haben zusammen eine neue Projektskizze entwickelt (eMeReCu). So hat unsere erfolgreiche Zusammenarbeit angefangen.
Die Projekte eMeReCu, InterKollegia, InterScan, EduVisIm, ITSoftTeam, EVA und andere haben deutlich zur Entwicklung neuer Ansätze im ukrainischen akademischen Sektor beigetragen. E-Lernen, Multimedia, Teamarbeit, angewandte Software sind die Themen, die wir zusammen bearbeitet haben.
Nicht nur die Kyiv-Mohyla Akademie und ich ganz persönlich, sondern auch Studierende und Beschäftigte vieler anderer Institutionen (Ostroh Akademie, Universität Mykolaiv, Schulen für Kinder mit speziellen Bedürfnissen) sind Prof. Hänßgen für seine Aktivitäten und Teilnahmen sehr dankbar. Wir sind davon überzeugt, dass Prof. Hänßgen ein neues Kapitel für sich öffnet, und dabei neue Wege findet, seine unermesslichen Enthusiasmus, Fähigkeiten und Begabung weiter zu nutzen. Damit wünsche ich ihm viel Spaß und Erfolg.
(Autor: Reinhard Franke)