„Ist das nicht toll?!“ Alexander Stahr sitzt an seinem Bürorechner, drückt F5 und scrollt sichtlich stolz durch eine Powerpoint-Präsentation. Einige Folien sind kunterbunt, andere mathematisch kühl, wieder andere grafische Kunstwerke. 37 Entwürfe mit geschickt angeordneten Pflasterstein-Kombinationen sind es, die der Architekturprofessor hier beisammen hat. Siebenunddreißigfacher Ideenreichtum „seiner“ Studierenden.
Gerade mal drei Tage hatten Stahrs Studierende Zeit für den Stegreifentwurf. Gefordert war „ein modernes Betonsteinsystem für Flächenbefestigungen, die mit Steinfertigungsanlagen produziert werden“. Simpler darf es an einer Hochschule nicht klingen.
Eben hat Stahr das Dossier per Mail ins Vogtland geschickt. Denn dort, in Lengenfeld, wartet „KOBRA Formen“ schon neugierig auf die Ergebnisse des gemeinsamen Ideenwettbewerbs.
Kobra ist nicht irgendein Kooperationspartner, sondern Weltmarktführer auf dem Gebiet der Betonsteintechnologie. Sagt übrigens nicht nur Kobra selbst. Das will heißen: Die Pflasterstein-Formen aus Südwestsachsen sind spitze – und könnten durch die HTWK-Ideen noch besser werden. Und vielleicht befindet sich ja das Konzept für den Gehweg oder die Fahrbahn der Zukunft darunter?
2.250 Euro Preisgeld sagte das Unternehmen für die ersten drei Plätze zu. Kritiker würden nun einwenden: Eine ziemlich preiswerte Variante, um kreative Ideen zu generieren! „Mag sein“, sagt Stahr, „aber da die Einreicher das Copyright behalten, ist es eine Win-Win-Situation. Denn setzt sich ein Vorschlag tatsächlich durch, hat der Entwickler beim renommierten Produzenten einen Fuß in der Tür!“
Das ist kein Luftschloss: Kobra-Chef Holger Stichel spricht von „hochinteressanten Entwürfen, die teils erhebliche Chancen auf eine Realisierung haben“. Die Vielfalt und Qualität der Präsentationen habe nicht nur überrascht, sondern geradezu begeistert.
Vier Experten haben entschieden, wer das Geld bekommt: Mario Dobeck und Christian Rauner von Kobra, HTWK-Mann Martin Dembski und freilich Alexander Stahr selbst. Bewertet wurden Originalität und Innovationsgrad, ein erkennbares Alleinstellungsmerkmal, praktische Einsatzmöglichkeiten, der Nutzen für den Kunden. Und natürlich gestalterische Qualität und optischer Chic.
Die siegreichen Entwürfe
Der um 1.000 Euro reichere Sieger heißt Ken Kermer (2. Semester Master Architektur). Sein „Roadmaker“ verwirklicht eine Fahrbahn, die schick und solide und vor allem leise ist. Die Jury drückte sich gewählter aus: „Mustergültige Symbiose von hochwertiger Gestaltung und technischer Funktion sowie einfache Produzier- und Verlegbarkeit.“
Mit „Urban Pavement 2.1“ landete Theodor Reinhardt (2. Semester Bachelor Architektur) auf Platz 2 und bei 750 Euro. Sein Modell integriert LED-Lichtleisten als Leitsystem und sei das kluge Weiterdenken eines bekanntes Steinformats.
Das Konzept eines organisch geformten Steinsystems mit hoher Durchlässigkeit („simple complexity“) brachte Marina Jostina (4. Semester Master Architektur) auf den mit 500 Euro dotierten Platz 3. Die Jury lobte den Mix aus individueller Form und klarer logischer Struktur.
Wie geht’s weiter? 14 Arbeiten hat Kobra beim Technologie-Symposium „Design durch Form“ im September präsentiert. Die Sieger feilen derweil weiter an den Entwürfen – vielleicht bis zur Anwendungsreife.
Autor: Reinhard Franke