Uganda Christian University: Neues Ziel im Herzen Afrikas für Dozenten und Studierende
40 Kilometer östlich von Ugandas Hauptstadt Kampala liegt Mukono. Studieren kann man dort seit mehr als 100 Jahren. Allerdings startete die heutige Uganda Christian University (UCU) einst unter anderem Namen als reines Theologen-Kolleg. Aus dem Dorf Mukono (1970: rund 4.000 Einwohner) wurde die Stadt Mukono (150.000 Einwohner, Tendenz stark steigend), in der auch die Universität gewaltig wuchs. An einer von mittlerweile acht Fakultäten seit 2011 studierbar: Bauwesen.
Drei Wochen Lehre: Prof. Klaus Gaber
„Ich habe dorthin langjährige Kontakte. Als ich 2015 privat dort war und herzlich empfangen wurde, war mein Lehraufenthalt schnell beschlossene Sache“, antwortet Bauprofessor Klaus Gaber auf die Frage, warum er im Frühjahr 2017, ausgerüstet mit englischen Übersetzungen seines Lehrmaterials, ins Flugzeug stieg. Korrosionsschutz und Betoninstandsetzung, Gabers Fachgebiete, seien in Uganda sehr gefragt: „Es wird viel und schnell gebaut, der Aspekt der Dauerhaftigkeit findet dabei nur wenig Beachtung.“ Und so treibt sein Kollege Dr. Rodgers Mugume, Experte für Stahlbeton, an der UCU das Thema Nachhaltigkeit. Dass die beiden sich kennen: ein internationaler Glücksfall.
Man könne aber nicht einfach seine Bücher auspacken und loslegen, schildert Gaber: „Bei Korrosion spielen in Deutschland Frost und Tausalz eine große Rolle – das kann man in Uganda mal schnell abhaken. Und die durchschnittliche Luftfeuchtigkeit und die Temperaturen geben völlig andere Bedingungen vor.“ Ein gemeinsames Testfeld war sogleich gefunden: Inwieweit die Vorgaben der europäischen Normen interkontinental übertragbar sind?
Vor Ort war Gaber drei Wochen eingebunden in Vorlesungen und Praktika mit Kleingruppen – und stieß auf großes Interesse bei den Studierenden. Die technische Fakultät in Mukono habe „ein relativ neues Laborgebäude, aber nur teilweise Gerätschaft für Betonuntersuchungen“. Und so hatte der Professor einige leichte Geräte aus der HTWK Leipzig im Gepäck. Nicht ganz folgenlos: „Den Setzdehnungsmesser lasse ich beim nächsten Mal daheim! Ohne die Holzteile sieht er einem Revolver ähnlich – was mir drei spannende Extrakontrollen einbrachte…“ Apropos Folgebesuch: der ist schon avisiert, Herbst 2018.
Weil es in Mukono an guten Straßen und Nahverkehr mangelt, wohnen die meisten Studierenden und etliche Lehrende auf dem großzügig angelegten Campus. Dort sind die meisten Gebäude keine 20 Jahre alt. Zwar liegt Uganda in Zentralafrika, dennoch wirbt Gaber mit prima Klima: 1.200 Meter über dem Meeresspiegel sei es „für Europäer nicht unangenehm heiß“.
Über die internationalen Kontakte sagt der Professor abschließend: „Die Menschen lernt man viel besser kennen, wenn man mit ihnen arbeitet – das ist gerade am Anfang einer Hochschulpartnerschaft besonders wichtig.“ Zwischen der HTWK Leipzig und der UCU existiert eine Absichtserklärung zur Kooperation, die auch den Studierendenaustausch beinhaltet. Und voilá, mit dem ersten HTWK-Austauschstudenten in Mukono setzt dieser Text auch fort:
Drei Monate Studium: Ruben Gerstner
September 2017: Ziemlich genau ein halbes Jahr nach Klaus Gaber sitzt auch Ruben Gerstner im Flieger nach Afrika. Auf derselben Strecke war der 28-jährige HTWK-Student schon einmal unterwegs – vor 28 Jahren, als Neugeborener. „Meine Eltern waren damals Entwicklungshelfer in Uganda. Für meine Geburt sind sie auf Anraten nach Deutschland geflogen, da in Uganda die explosionsartige Zunahme von AIDS mit der mangelhaften medizinischen Versorgung nach einem langen Bürgerkrieg ein Risiko war.“
Dass Gerstner sein erstes Lebensjahr kaum eine Autostunde entfernt vom heutigen UCU-Campus verbrachte, ist sozusagen „historischer“ Beweggrund für die Entscheidung, jetzt als Austauschstudent „zurückzukehren“. Dass die UCU gerade Beziehungen zur HTWK Leipzig aufbaut, dabei ausgerechnet auf angehende Bauingenieure wie ihn fokussiert: sehr schöne Zufälle. „Sonst wäre wohl die Wahl auf Spanien, Brasilien oder Neuseeland gefallen. Dass ich während des Studiums ins Ausland gehe, stand für mich vorher fest“, sagt Gerstner, den fremde Kulturen reizen.
An der UCU teilt sich das akademische Jahr in Trimester, wobei die Studierenden jährlich nur an zwei von dreien teilnehmen. Was im September begann, war kurz vor Weihnachten schon vorbei: sechs Module, drei Prüfungen. „Das war straffes Programm in kurzer Zeit“, meint der Student. Lehre von 8 bis 17 Uhr, interessante Exkursionen, alles andere als locker. Seine Kommilitonen beschreibt Gerstner, übrigens fast einziger Weißer auf dem Campus, als hochmotiviert. „Wie sie nach einem langen Tag noch freiwillig in Arbeitsgruppen weitermachen: erstaunlich!“
Das Studium an der UCU ist kostspielig, und so ist es überwiegend die junge High Society, die dort zusammenkommt. Oder aber Familien haben ihre gesamten Ersparnisse zusammengelegt: „Dann kommt der Nachwuchs aber auch erst wieder heim, wenn voller Stolz der Abschluss präsentiert werden kann“, sagt Gerstner, der sich in einer Atmosphäre wiederfand, in der eine junge Generation Nachhaltigkeit und „Bio“ fest im Blick hat. Er hatte sich ebenfalls für die Teilnahme an zwei Modulen des Landwirtschaftsinstitutes entschieden.
Bei Lehrveranstaltungen sei es wie hier: es gibt gute und weniger gute. Lehrende seien nahbarer, Handynummern bekannt. „Verspätungsinfos kommen per Whatsapp“, berichtet er.
„Nahbar“ scheint ohnehin eine treffende UCU-Vokabel zu sein. Als Gerstner in Uganda landete, wartete schon der Chef vom International Student Affairs Office auf ihn, brachte den Deutschen zum Campus, erledigte Formalitäten. Gegen Mitternacht! Im sehr einfachen Wohnheim habe man in Doppelstockbetten und bei dünnen Wänden praktisch direkt aufeinander gewohnt – und sich extrem für den jeweils anderen interessiert.
Wie war das: Uganda und Whatsapp? Jawohl! Die technische Ausrüstung, die Bauweise, vieles mag einfacher sein, aber nicht gleich unmodern. „Anders“ wäre passend, und meint wesentliche kulturelle Fragen. Beispiel: Pünktlichkeit ist unwichtiger – das ist keine Frage des Respekts. „Busse fahren nicht nach Fahrplan, sondern wenn sie voll sind.“
Heimgekehrt ist Ruben Gerstner erst einen Monat später: Erkundungsprogramm! Die Nilquelle in Jinja. Partys in der Hauptstadt. Klettern im Osten des Landes. Und Menschen im bürgerkriegsgeprägten Norden erleben. Meist mit Kommilitonen, die Gerstner direkt am Campus als Freunde gewann. Einmal ging es aber – mit der eigens angereisten Mutter – zur alten Wirkungsstätte. „Die Schwestern des Karmel konnten sich noch an uns erinnern, nach fast 30 Jahren!“, sagt Gerstner erstaunt.
Apropos berufliche Zukunft: Ruben Gerstner will in der Entwicklungszusammenarbeit tätig werden. „Als Bauingenieur kann man überall etwas bewegen. Jedoch will ich es so tun, dass ich abends guten Gewissens einschlafen kann.“
(Autor: Reinhard Franke)